„Ich will tragen“ mein Weg zur Welt der Tücher und Tragehilfen

Schon während meiner Schwangerschaft war mir klar, dass ich mein Kind gerne tragen wollte.
Meine Schwester hatte bei ihrem Kind auch ein Tuch, was sie immer mal wieder nützte und in unserem weiteren Bekanntenkreis war eine Tragemama, die sich vor meiner Schwangerschaft zur Trageberaterin ausbilden ließ.
Sie hatte ich bei verschiedenen Gelegenheiten mit verschiedenen Tüchern, Bindeweisen und Tragehilfen gesehen und fand es immer klasse.
Sobald unser Sohn auf der Welt war, rief ich also bei Tanja Müller an, um einen Termin zur Beratung zu vereinbaren. Einen Termin zu finden war nicht so einfach, da ich gerne wollte, dass
auch der Papa dabei ist und mitbekommt, wie das funktioniert.
An einem Samstagmittag kam Tanja dann zu uns nach Hause und brachte Zeit und Ruhe mit.
Außerdem natürlich eine Unmenge an Tüchern, Tragen und ihre Übungspuppe.
Eine Einführung in die Anatomie des Kindes und die physiologischen Hintergründe beim Tragen
wurden immer wieder durch Stillpausen unterbrochen, aber die grundlegende Entscheidung, ob
Tragehilfe oder Tuch war schnell getroffen – es sollte ein Tuch sein. Da es ein ziemlich heißer
Sommer war, wurden mein Mann und ich uns auch schnell einig, dass wir eine einlagige
Bindeweise vorziehen möchten und so erklärte uns Tanja geduldig die Känguru-Trageweise.
Mehrere Male banden wir mit Puppe und zum Schluss durfte dann auch unser Sohn ausprobieren
bei Mama im Tuch zu sein. Tanja gab noch Tipps zum Kauf von Tüchern und schon war der
Nachmittag vorbei.
Ich stürzte mich in Internetauktionen, um so schnell wie möglich ein Tuch zu ergattern und als es
endlich da war, konnte ich es gar nicht abwarten, es zu binden. Leider hatte ich die Rechnung ohne
mein Kind gemacht – er fand Einbinden nämlich gar nicht gut und Getragen-Werden schon hundert
Mal nicht. Ich probierte Verschiedenes aus, aber nichts half. Zum Glück hatte Tanja mehrfach
betont, dass sie gerne auch später noch behilflich zur Seite steht, wenn etwas nicht klappt. So
gingen also Mails hin und her und wir vereinbarten ein kleines Treffen, bei dem sie noch mal
schaute, ob alles passt. Dem war auch so und so blieb ihr nur der Tipp: „Kind einbinden und
spazieren gehen, damit er abgelenkt ist.“ Die nächsten Wochen praktizierten wir das dann fast
täglich und plötzlich klappte es. Mein Kind ließ sich einbinden und kuschelte sich selig an mich.
Leider übte der Papa nicht weiter und vergaß so das Gelernte ziemlich schnell wieder.
Ein paar Wochen gingen ins Land und das Kind wurde größer und mobiler – es wurde Zeit für
etwas Neues. Also rief ich Tanja wieder an und bat um ein zweites Treffen. Sie kam wieder zu uns
und zeigte mir einen Ring-Sling. Ich war begeistert und netterweise ließ Tanja mir einen Sling als
Leihgabe da, so dass ich sofort damit tragen konnte. Der Kleine fand es ebenso klasse und es war
klar, jetzt müssen wir noch einen Sling kaufen. Diesen nutzten wir dann auch ausgiebig, vor allem
bei kurzen Strecken in der Stadt oder beim Einkaufen im Supermarkt.
Bei dem Treffen zeigte Tanja mir auch eine Rückenbindeweise. Das allerdings stellte sich als
schwierig heraus, da mein kleiner Zappelphillip sich nicht mehr ordentlich beuteln lassen wollte.
Alle Tricks und Kniffe wurden ausprobiert, aber die Tatsache, dass ich beim Tragen auf dem Rücken
mit dem Tuch zusätzlich Nackenschmerzen bekam, führte dazu, dass ich noch einmal mit Tanja
Kontakt aufnahm.
Nach einer Einführung in die Welt der Tragehilfen via E-Mail trafen wir uns erneut und ich
probierte mich mit meinem Kind durch Emei, Fräulein Hübsch, FlipToddler und Buzzidil durch. Es
sollte nach Möglichkeit ein Fullbuckle werden, denn ich hatte die Hoffnung, dass mein Mann sich
dann auch noch einmal ran trauen würde. Am Ende der Beratung stand fest, dass mein Körperbau
und der meines Sohnes am Besten mit einem Buzzidil klar kamen. Nur wenige Tage später zog
dann ein Buzzidil bei uns ein und durfte auch gleich mit in Urlaub. Dort meisterten wir einige
Bergspaziergänge mit Kind auf dem Rücken und auch mein Mann konnte sich fürs Tragen
begeistern.
Eigentlich wäre die Geschichte damit zu Ende – aber nur eigentlich. Nachdem ich bei Facebook
einer Gruppe von trageverrückten Saarländerinnen beigetreten war, konnte ich bei verschiedenen
Treffen andere Tücher entdecken, anfassen und mich vollkommen in die ATTA (anonyme Tragetuch
Abhängige)-Welt einleben. Als mein Kind knapp zwei Jahre alt war, kaufte ich einen neuen Buzzidil
und genau zu diesem Zeitpunkt wurde in der Facebook-Gruppe die Durchführung eines Workshops
angeboten, bei dem es um Rückentrageweisen mit dem Tuch gehen sollte. Ich zögerte nicht lange
und dachte mir, dass ich es trotz meines mittlerweile begeisterten Lauflings dennoch wieder mit
dem Tuch auf dem Rücken probieren wollte und hoffte, dort verschiedene Tücher und Bindeweise
kennen zu lernen, die es auch für mich passend machen würden, mit dem Tuch auf dem Rücken zu
tragen. Es waren zwei super Nachmittage, die ich gemeinsam mit anderen mit Lisa Basler und
Marie Burgardt verbrachte – jede Menge Tücher probieren, tolle Finishes lernen, die mir
tatsächlich eine viel bessere Gewichtsverteilung ermöglichten.
Bedauerlicherweise ist es aber heute so, dass sich mein Kind nicht mehr so gerne ins Tuch
einbinden lässt und es vorzieht, entweder selbst zu laufen oder schnell in den Buzzidil zu hüpfen.
Alles in Allem bin ich aber heilfroh, dass ich ans Tragen kam und möchte diese Erfahrung niemals
missen. Es tut unendlich gut, sein Kind so nah bei sich zu haben und ich habe in der Zwischenzeit
so viele Situationen erlebt, in denen ich froh war, dass mein Kind auf meinem Rücken saß und nicht
in einem Kinderwagen. Für uns war es der absolut richtige Weg und ich bin sicher, dass wir im
kommenden Urlaub bestimmt wieder öfter auf die Trage zurückgreifen werden.

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